Redaktion - Sonntag, 1. Juni 2025, 7:00 Uhr.
Seit Jahrhunderten bauen Menschen Orte der Andacht an den unzugänglichsten Stellen – in steil aufragende Felswände, auf schroffe Bergspitzen oder direkt in massiven Stein gehauen. Von der türkischen Schwarzmeerküste über die italienischen Alpen bis zu den äthiopischen Hochebenen finden sich Kirchen und Klöster, die auf faszinierende Weise mit ihrer natürlichen Umgebung verschmelzen.
Sumela-Kloster
Im Altındere-Tal im Nordosten der Türkei klammert sich das Sumela-Kloster seit dem 4. Jahrhundert an eine steile Felswand. Der Name dieses griechisch-orthodoxen Klosters stammt vom griechischen Wort „Melas“ (Schwarz), nach dem griechischen Namen des Berges, in dessen Felswand die Anlage errichtet wurde.
In 1071 Metern Höhe und etwa 270 Meter oberhalb einer Schlucht des Altındere wurde der Komplex teils in den Fels gehauen, teils daran gebaut.
Der Legende nach wurde das Kloster um 386 von zwei athenischen Mönchen gegründet. Barnabas und sein Neffe Sophronius seien durch eine Vision zu diesem abgelegenen Ort geführt worden, wo sie in einer Höhle eine vom Evangelisten Lukas gemalte Ikone der Jungfrau Maria entdeckten.
Diese Ikone, die der Überlieferung nach von Engeln durch die Wolken getragen wurde, veranlasste die Mönche, an dieser Stelle ein Heiligtum zu errichten.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Kloster erweitert und renoviert, besonders unter Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert und während der Herrschaft von Alexios III., als es durch kaiserliche Erlasse finanziell unterstützt wurde. Selbst nach der Eroberung durch die Osmanen im Jahr 1461 blieb das Kloster bestehen und entwickelte sich zu einem wichtigen Wallfahrtsort.
Der Klosterkomplex umfasst verschiedene Bauwerke wie die Hauptfelsenkirche, Kapellen, Studentenzimmer, ein Gästehaus, eine Bibliothek und eine heilige Quelle. Besonders bemerkenswert sind die Fresken, die die Innenwände der Felsenkirche schmücken und Szenen aus der Bibel sowie Heilige und religiöse Motive darstellen. Diese Kunstwerke zeugen vom künstlerischen und architektonischen Verständnis der byzantinischen Zeit.
Santuario Madonna della Corona
In der italienischen Region Venetien scheint das Santuario Madonna della Corona regelrecht aus dem Fels zu wachsen. Auf 773 Metern Höhe, direkt unter einer senkrechten, teils überhängenden Felswand, thront die Wallfahrtskirche über dem Etschtal. Von manchen Blickwinkeln aus entsteht der Eindruck, als würde das Bauwerk in der Luft schweben.
Die Geschichte dieses besonderen Ortes reicht bis ins späte 12. Jahrhundert zurück, als hier zunächst eine Einsiedelei entstand. Im 15. Jahrhundert wurde die erste Kirche in den Fels gebaut, und 1437 ging der Ort an den Malteserorden, der ihn bis 1810 verwaltete. Der Name „della Corona“ stammt nicht etwa von einer Krone in Mariendarstellungen, sondern vom alten Begriff „Corona“ für „Felsen“ oder „Steinwand“.
Eine der bekanntesten Legenden erzählt von einer Marienstatue, die im 16. Jahrhundert auf wundersame Weise von der Insel Rhodos an diesen abgelegenen Ort gebracht worden sei.
Der Überlieferung nach wurde die Statue auf einem Felsvorsprung gefunden, wo sie von Engeln getragen wurde, was den Ruf des Ortes als Stätte der Wunder und geistlicher Kraft noch verstärkte.
Zwischen 1974 und 1978 wurde die Kirche umfassend restauriert und praktisch neu aufgebaut. 1982 erhielt sie den Titel „Basilica minor“. 1988 besuchte Papst Johannes Paul II. den Wallfahrtsort und betete zur Madonna. Heute ist die Kirche nicht nur ein wichtiges religiöses Zentrum, sondern zieht auch Naturliebhaber, Wanderer und Fotografen an.
Abuna Yemata Guh
In der Tigray-Region Äthiopiens befindet sich mit Abuna Yemata Guh eine Kirche, die selbst unerschrockene Besucher auf die Probe stellt. Auf einer Höhe von 2.580 Metern in die Felswand gehauen, ist sie nur über einen gefährlichen Aufstieg mit Griffen im Fels zu erreichen. Besucher müssen über eine natürliche Steinbrücke mit einem Abgrund von etwa 250 Metern auf beiden Seiten und anschließend über eine schmale Holzbrücke gehen.
Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.
Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.
Die Kirche wurde zu Ehren von Abuna Yemata erbaut, einem der Neun Heiligen der äthiopischen Kirche, die im späten 5. Jahrhundert dazu beitrugen, das Christentum im Land zu verbreiten.
Der Legende nach soll Abuna Yemata die Kirche im 5. Jahrhundert in den Fels gehauen haben. Es ist nicht bekannt, warum er einen so abgelegenen Ort wählte, jedoch berichten historische Quellen von weit verbreiteter Verfolgung der damaligen christlichen Minderheit in Äthiopien.
Besonders bemerkenswert sind die Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert, die dank des trockenen Klimas und der Abgeschiedenheit der Kirche hervorragend erhalten geblieben sind. Die Gemälde zeigen die Neun Heiligen, die zwölf Apostel und andere religiöse Motive. Eine wissenschaftliche Untersuchung der Pigmente mittels Röntgenfluoreszenzanalyse hat die Datierung ins 15. Jahrhundert bestätigt und gezeigt, dass die meisten Farbstoffe aus lokalen Quellen stammen.
Die Kirche des Heiligen Georg in Äthiopien
Die Kirche des Heiligen Georg (Bet Giyorgis) in Lalibela ist eines der beeindruckendsten Beispiele monolithischer Architektur weltweit. Diese Kirche wurde nicht gebaut, sondern aus einem einzigen, massiven Tuffsteinblock herausgehauen. Mit ihrer perfekten kreuzförmigen Struktur, die etwa 12 Meter in die Höhe ragt, steht sie in einer 25 mal 25 Meter großen Grube.
Sie ist eine von elf Felsenkirchen in Lalibela, einer Stadt in der Amhara-Region Äthiopiens, und wurde im späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert während der Herrschaft von König Gebre Mesqel Lalibela erbaut.
Der König hatte das Ziel, ein „Neues Jerusalem“ zu errichten, nachdem muslimische Eroberungen christliche Pilgerfahrten ins Heilige Land verhindert hatten.
Über die genaue Entstehung der Kirche gibt es zwei Überlieferungen: Eine besagt, dass sie nach Lalibelas Tod (um 1220) von seiner Witwe als Gedenkstätte für den „heiligen König“ errichtet wurde. Die andere behauptet, sie sei ein Versprechen gewesen, das König Lalibela dem Heiligen Georg gegeben hatte, der verärgert war, dass Lalibela keine ihm gewidmete Kirche gebaut hatte.
Die Bauweise dieser Kirche ist besonders bemerkenswert: Die Steinmetze meißelten zunächst einen freistehenden Block aus dem Grundgestein heraus und entfernten dann das gesamte umgebende Material. Anschließend formten sie sorgfältig sowohl die Außen- als auch die Innenstruktur des Gebäudes. Aufgrund ihrer außergewöhnlichen Architektur und kulturellen Bedeutung wird die Kirche oft als das „Achte Weltwunder“ bezeichnet und ist Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.
Kipina-Kloster
Hoch über der Schlucht des Flusses Kalarytikos in den Tzoumerka-Bergen Griechenlands steht das Kipina-Kloster am Eingang einer Höhle in einer vertikalen Felswand. Dieses Kloster, das der Jungfrau Maria gewidmet ist, wurde 1212 vom Mönch Gregorios erbaut.
Die Entstehungsgeschichte des Klosters ist bemerkenswert: Anfang des 13. Jahrhunderts machte sich eine Gruppe von Mönchen des nahegelegenen Vyliza-Klosters nach einer Meinungsverschiedenheit mit ihrem Abt auf, um eine neue Ordensgemeinschaft zu gründen.
Auf der Suche nach einem geeigneten Ort entdeckten sie ein Loch im Berg, das sich als Höhle herausstellte. Die Mönche erklommen den steilen Hang, standen aber am Höhleneingang vor einer Schlucht mit einer über sechs Meter breiten Lücke. Unbeirrt überbrückten sie die Schlucht mit langen Stöcken und gelangten hinüber.
Eine architektonische Besonderheit des Klosters ist seine Zugangsmöglichkeit: Die Mönche bauten eine hohe Mauer, konstruierten eine stabile Tür und überbrückten die Schlucht mit einer beweglichen Holzbrücke.
Bei Gefahr zogen sie die Brücke in die Höhle und waren sicher. Diese Lösung wurde bis 1920 von den Mönchen, die in diesem Kloster lebten, beibehalten.
Die Innenräume des Klosters beherbergen beeindruckende Fresken aus dem 17. Jahrhundert. Während der türkischen Besatzung Griechenlands vom 14. bis zum 19. Jahrhundert diente die Höhle als Zufluchtsort für die griechische Bevölkerung.